Der österreichische Staatsvertrag vom 15. Mai 1955 – Tränen der Freude, Tränen der Trauer

Wer kennt nicht die Bilder der jubelnden und Fähnchen schwingenden Menge vor dem Oberen Belvedere und die eines nicht weniger jubelnden Leopold Figl im Kreis der Alliierten Außenminister auf dem Balkon des barocken Festsaals? Sie sind fest im kollektiven Bewusstsein der Österreicher verankert. Was bedeuten allerdings die so folgenschweren Worte „Österreich ist frei“ im Detail? Jubel über die neugewonnene Freiheit einerseits, unterschiedlich motivierte Bedenken über die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen andererseits. Die alliierten Besatzungsmächte waren Teil des österreichischen Alltagslebens geworden. Das Land war in Zonen geteilt, Wien in Sektoren. Sie waren finanzielle Last, aber auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, es gab Verbrüderung, aber auch gewalttätige Übergriffe, ohne ihre Zustimmung gab es keine politische Entscheidung, sie waren aber auch Garant für die Einheit Österreichs und treibender Motor hinter der Entwicklung Österreichs zu einer selbstbewussten Staatsnation.

 

Am 25. Oktober ist es so weit, der letzte alliierte Soldat verlässt offiziell österreichischen Boden. Österreich befindet sich im Festtagstaumel. Eine Veranstaltung jagt die nächste. Burgtheater und Staatsoper werden feierlich wiedereröffnet, die Ringstraße wird zu einem einzigen Tanzparkett, die Wiener Wahrzeichen erstrahlen in Festbeleuchtung, Feuerwerke erhellen den Nachthimmel, die letzten Kriegsgefangenen kehren in die Heimat zurück. Mit dem Staatsvertrag verlässt aber auch ein Stück Amerika, Großbritanniens, Frankreichs und Russlands das Land.  Aus Besatzern sind Freunde, Ehemänner, Väter geworden. Für viele ist es ein Abschied für immer. Zurück bleiben gebrochene Herzen, Tränen und tausende von heimatlosen Besatzungskindern.   

                  

Die Führung versteht sich als ein Rückblick auf das Ende der Besatzungszeit und die unmittelbaren Folgen für Wien und die Wiener, für das Stadtbild, für die Wirtschaft, für den Einzelnen. Auf unserer Route zwischen Oberem Belvedere und dem Heldenplatz besuchen wir Orte, die alliierte Nachkriegsgeschichte geschrieben haben, wollen gleichzeitig aber auch mit Hilfe von umfangreichem historischem Bildmaterial und Zeitzeugenberichten ein Stimmungsbild des Jahres 1955 vermitteln.   

Treffpunkt 4., Prinz Eugen-Straße (Eingang zum Garten des Oberen Belvederes)
Termin(e) Für diese Führung gibt es im Moment keine öffentlichen Termine, sie kann aber gerne für eine geschlossene Gruppe gebucht werden.
Achtung
Druckversion Factsheet